Bei Minderjährigen muss das Jugendamt eingeschaltet werden. Nach §8a SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) existiert ein Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung. Das Jugendamt muss die Betroffene in einer Gefährdungssituation in Obhut nehmen, das Familiengericht wird eingeschaltet und die Minderjährige ggf. getrennt von der Familie untergebracht (§42 SBG VIII). Nach §4 Abs. 3 KKG sind Berater*innen, Lehrer*innen, Ärzt*innen, Psycholog*innen, Hebammen etc. berechtigt, bei einer (potentiellen) Gefährdung einer Minderjährigen auch ohne Schweigepflichtsentbindung das Jugendamt zu informieren – auch wenn es sich um eine Gefährdung handelt, die nicht unmittelbar bevor steht (z.B. eine geplante Beschneidung im Herkunftsland).
Überlegen Sie, was die Betroffene bzw. Gefährdete möchte oder braucht: Vor einer Gewaltsituation fliehen, psychologische Unterstützung, medizinische Versorgung, Kontakt zu Community-Netzwerken, ein Asylverfahren etc.? Wie kann dies erreicht werden?
Eine bundesweite Unterstützungsliste für Betroffene und Gefährdete hat TERRE DES FEMMES zusammengestellt. Hinweise auf Unterstützungsangebote in Hessen und Ärzt*innen, die sich intensiver mit dem Thema FGM beschäftigt haben, sind Teil dieser Infomappe. Sie werden auch über die einschlägigen Beratungsstellen, u.a. pro familia verteilt. Adressen für professionelle asylrechtliche Beratung finden Sie unter www.asyl.net.
Betroffene Mädchen und Frauen benötigen oft psychosoziale Unterstützung, Traumatherapie und medizinische Versorgung. Aufgabe von Ärzt*innen und Beratungsstellen ist es, den von FGM betroffenen Frauen eine Betreuung zu ermöglichen, die den kulturellen Hintergrund respektiert, einfühlsam reagiert und eine individuelle Lösung sucht.
Die psychosozialen Beratungszentren für Flüchtlinge und Schutzsuchende in Hessen haben den Versorgungsauftrag für die Behandlung von Menschen mit Traumafolgestörungen. Deren Teams sind auf die Behandlung von akuten traumabedingten Reaktionen wie auch von komplexen posttraumatischen Belastungsstörungen nach Extrembelastung spezialisiert. Eine Liste der Beratungszenten finden Sie hier: www.liga-hessen.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Hessenlisten/Hessenliste_Psychosoziale_Angebote_
Gefluechtete.pdf
In einer akuten Gefährdungssituation ist beispielsweise das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter der Telefonnummer 0800 110016 an 365 Tagen des Jahres rund um die Uhr kostenfrei erreichbar. Die Beraterinnen des Hilfetelefons unterstützen auch von Genitalverstümmelung bedrohte oder betroffene Frauen. Sie stellen den Kontakt zu Unterstützungseinrichtungen in der Nähe her – z.B. zu den Deutsch-Afrikanischen Frauennetzwerken und Selbsthilfegruppen sowie zu Vereinen und Organisationen, die sich gegen Genitalverstümmelung engagieren. Die Beratung erfolgt in 15 Sprachen – sowohl telefonisch als auch per Chat.